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Beitragsbild zum Artikel: Berufsunfähigkeitsversicherung sinnvoll? Oder anders vorsorgen?

Berufsunfähigkeitsversicherung sinnvoll? Oder anders vorsorgen?

Kurz erklärt:

Eine Berufsunfähigkeitsversicherung ist für die meisten jungen Menschen sinnvoll, denn:

  • Die staatliche Versorgung bei Berufsunfähigkeit ist ungewiss und nicht ausreichend, um einen guten Lebensstandard aufrechtzuerhalten
  • Die eigene Arbeitskraft bringt Angestellten in Deutschland im Durchschnitt 2,01 Millionen Euro über ihr gesamtes Berufsleben ein (Männer rund 2,36 Millionen Euro, bei Frauen sind es aktuell leider nur rund 1,66 Millionen Euro). Dieses Asset gilt es abzusichern.
  • Für die meisten Menschen ist es aufgrund der nötigen Sparsummen nicht möglich, die BU-Versicherung durch eigene finanzielle Vorsorge zu ersetzen und gleichzeitig über die gesamte Karriere hinweg ausreichend abgesichert zu sein
  • Wer eine Berufsunfähigkeitsversicherung in jungen Jahren abschließt, kann meist zu sehr günstigen Konditionen versichert werden
  • Andere Versicherungen können näherungsweise einen Ersatz für eine Berufsunfähigkeitsversicherung darstellen

Wie hoch ist das Risiko einer Berufsunfähigkeit überhaupt?

Jeder vierte Arbeitnehmer wird im Laufe des Berufslebens mindestens einmal berufsunfähig. Das heißt, die betroffene Person kann aus gesundheitlichen Gründen für einen längeren Zeitraum oder gar nicht mehr arbeiten und Geld verdienen.

Grafik zeigt: 1 von 4 Personen wird mindestens einmal berufsunfähig. 

Was sind die Konsequenzen bei Berufsunfähigkeit, ohne abgeschlossene Berufsunfähigkeitsversicherung?

Die Konsequenzen bei Berufsunfähigkeit, ohne abgeschlossene Berufsunfähigkeitsversicherung zeigen sich vor allem nach spätestens 1 ½ Jahren (oft auch früher), wenn die Zahlung der Krankenkasse eingestellt wird. Danach sollte man eine Berufsunfähigkeitsversicherung haben, um nicht auf die ungewissen und geringen Erwerbsunfähigkeitsansprüche über die gesetzliche Rentenversicherung angewiesen zu sein.

Konkret sieht der Ablauf einer Berufsunfähigkeit folgendermaßen aus:

Bei Angestellten zahlt der Arbeitgeber zunächst für 6 Wochen das Gehalt weiter. Wer dann immer noch nicht wieder arbeitsfähig ist, der erhält Geld von der gesetzlichen Krankenkasse. Bei privat Versicherten ist es die private Krankentagegeldversicherung, die dann zahlt, wenn du ein Krankentagegeld mitversichert hast.

Diese Zahlung wird nach spätestens 16 Monaten eingestellt. Dies geschieht dann, wenn nach Ansicht der Krankenkasse keine Arbeitsunfähigkeit vorliegt, sondern eine Erwerbsminderung.

Arbeitsunfähigkeit heißt: Es wird angenommen, dass du nach einer gewissen Zeit – spätestens nach den 1 ½ Jahren – wieder arbeiten kannst. Wenn schon früher feststeht, dass das nicht der Fall sein wird, stellt die Krankenkasse diese Lohnersatzleistung auch früher ein. Danach ist die gesetzliche Rentenversicherung zuständig. Diese stellt fest, ob ein Anspruch auf eine gesetzliche Erwerbsminderungsrente besteht.

Damit ein solcher Anspruch überhaupt theoretisch besteht, musst du als Angestellte/r mindestens 5 Jahre Rentenbeiträge bezahlt haben. Und auch, wenn diese Bedingung erfüllt ist, heißt das nicht, dass du eine Erwerbsminderungsrente erhältst. Denn es wird Folgendes von Gutachtern geprüft:

Kannst du rein theoretisch irgendeinen Beruf mindestens 6 Stunden täglich ausüben? Dabei spielt es keine Rolle, ob dieser Beruf etwas mit deinem bisherigen zu tun hat, du die Ausbildung dazu hast, dir diese Tätigkeit gefällt oder du eine freie Stelle findest. Falls eine solche Tätigkeit gefunden wird, erhältst du keine Erwerbsminderungsrente. Ca. 40 % aller Anträge auf staatliche Erwerbsminderungsrente werden abgelehnt, meistens aus diesem Grund.

Halbe Erwerbsminderungsrente

Sind die 5 Jahre Wartezeit erfüllt und die Gutachter der Deutschen Rentenversicherung kommen zum Ergebnis, dass die verbliebene Arbeitskraft ausreicht, irgendeinen Beruf zwischen 3 und 6 Stunden am Tag auszuüben, erhältst du die halbe Erwerbsminderungsrente. Wie hoch diese ausfällt, hängt von der bisherigen Einkommensentwicklung ab und wie lange du in die Rentenversicherung eingezahlt hast. Als Größenordnung kannst du 500 Euro monatliche Rente annehmen.

Volle Erwerbsminderungsrente

Sind die 5 Jahre Wartezeit erfüllt und die Gutachter kommen zum Ergebnis, dass du irgendeinen Beruf maximal 3 Stunden am Tag ausüben könntest, erhältst du die volle Erwerbsminderungsrente. Wie hoch diese ausfällt, hängt wiederum von der bisherigen Einkommensentwicklung ab und wie lange du in die Rentenversicherung eingezahlt hast. Als Größenordnung kannst du 1000 Euro monatlich für die volle Leistung aus der gesetzlichen Rentenversicherung annehmen.

Und wenn ich weder die halbe noch die volle Erwerbsminderungsrente bekomme?

Falls du die Voraussetzungen für diese staatliche Hilfe nicht erfüllst, musst du entweder von deinem Ersparten leben, oder du hast einen Partner oder Verwandte (z.B. die Eltern), die dich mitversorgen. Wenn das alles nicht zutrifft, bleibt nur noch das Bürgergeld (frühere Bezeichnung: Sozialhilfe oder Hartz IV).

Aber selbst wenn du staatliche Leistung bekommst, reichen diese in der Regel bei Weitem nicht aus, um den bisherigen Lebensstandard zu halten.

Dazu ein Zahlenbeispiel:

Für eine Person, die im Monat 2.500 Euro verdient, summiert sich das in 40 Berufsjahren auf 1,2 Millionen Euro! Das ist die Summe, die es bei Wegfall der Arbeitskraft zu ersetzen gilt. Und dabei sind mögliche Gehaltssteigerungen noch gar nicht berücksichtigt.

Der Staat trägt zu dieser Summe, wenn überhaupt, nur einen Bruchteil bei. Es ist daher sinnvoll, die gesamte Lücke über eine Berufsunfähigkeitsversicherung zu schließen.

Wann zahlt die BU-Versicherung?

Die Berufsunfähigkeitsversicherung zahlt eine monatliche Rente in vereinbarter Höhe, wenn du deinen zuletzt ausgeübten Beruf vorübergehend (mindestens 6 Monate) oder dauerhaft nicht mehr ausüben kannst. Wichtige Unterschiede zur staatlichen Absicherung sind vor allem:

Es wird nur geprüft, ob du deinen Beruf, so wie er zuletzt ausgestaltet war, nicht mehr ausüben kannst. Du kannst also nicht auf einen anderen Beruf, den du theoretisch ausüben könntest, verwiesen werden. Im Versicherungsdeutsch heißt das „Verzicht auf abstrakte Verweisung“.

Die Leistung erfolgt, wenn diese Einschränkung 50 % oder mehr beträgt. Das heißt: Sobald du deinen zuletzt ausgeübten Beruf nur noch zu höchstens 50 % ausüben kannst und nicht nur Arbeitsunfähigkeit vorliegt, bekommst du das Geld.

Die Leistung aus der Berufsunfähigkeitsversicherung ist unabhängig davon, ob du auch noch andere Einkünfte hast oder wie viel Vermögen du angespart hast.

Was ist eine sinnvolle Rentenhöhe für eine Berufsunfähigkeitsversicherung?

Die BU-Versicherung ist dazu da, den gewohnten Lebensstandard zu sichern und nicht nur das Existenzminimum. Die vereinbarte Rente sollte daher mindestens 80 % des Nettoeinkommens, besser 100 %, betragen.

Bei vielen Versicherungsgesellschaften gibt es eine Obergrenze für die abgesicherte BU-Rente, z.B. 5.000 Euro im Monat. Für sehr gut verdienende Menschen kann es daher sinnvoll sein, mehrere BU-Verträge bei verschiedenen Versicherern zu haben.

Schützen mich andere Versicherungen auch gegen Berufsunfähigkeit?

Bild beschreibt BU-Versicherung als bestgeeignete Möglichkeit zur Absicherung gegen Berufsunfähigkeit.

Die umfassende und berufsbezogene private Absicherung, die eine BU-Versicherung bietet, kann durch andere Versicherungsformen allenfalls näherungsweise ersetzt werden. Alternative Versicherungen sind:

  • Erwerbsunfähigkeitsversicherung
  • Grundfähigkeitsversicherung
  • Dread-Disease-Versicherung
  • Private Pflegeversicherung
  • Unfallversicherung
  • Funktionelle Invaliditätsversicherung

Vor- und Nachteile dieser Alternativen, ihre Funktionsweise und für wen sie am ehesten in Frage kommen, werden von uns ausführlich in einem weiteren Beitrag über die Alternativen zur Berufsunfähigkeitsversicherung beschrieben.

Kann ich mich ohne BU-Versicherung gegen Berufsunfähigkeit absichern?

Die Idee der eigenen Vorsorge ist folgende: Statt dass ich Beiträge für eine Berufsunfähigkeitsversicherung zahle, spare ich das Geld lieber selbst an. Falls ich nicht BU werde, kann ich das Geld auch anderweitig verwenden. Und falls doch, lebe ich für den Zeitraum, in dem ich BU bin, von diesem Ersparten.

Voraussetzungen

Bei den folgenden Berechnungen gehe ich davon aus, dass die betroffene Person für 5 Jahre berufsunfähig ist und dann wieder arbeiten kann. Es wird also eine temporäre Leistung benötigt. Im ersten dieser 5 Jahre wird Krankengeld von der Krankenkasse bezahlt, so dass erst ab dem 2. Jahr auf das Ersparte zugegriffen werden muss. Gewünscht ist eine monatliche Zahlung von 2.500 Euro. Die gesetzliche Rentenversicherung zahlt ab dem 2 Jahr eine Erwerbsunfähigkeitsrente von 800 Euro.

Außerdem müssen wir die Inflation berücksichtigen. Um den durch sie verursachten Kaufkraftverlust auszugleichen, muss das Zielkapital mit der Zinseszinsformel hochgerechnet werden. In diesen Betrachtungen lege ich einen langjährigen Durchschnittswert von 3 % zugrunde.

Aus den obigen Daten kann das notwendige anzusparende Kapital berechnet werden, zunächst ohne Inflation: 2.500 Euro abzgl. Erwerbsminderungsrente = 1.700 Euro monatlich. Für 4 Jahre sind das 81.600 Euro. Dieser Betrag wird ab dem Berufsstart aus dem eigenen Einkommen angespart.

Grafik zeigt Beispielrechnung bei 5 Jahren temporärer Berufsunfähigkeit mit Eigenvorsorge.

Fall 1: Die BU tritt kurz nach Eintritt in Berufsleben ein

Dieser Fall ist wohl am ehesten klar: Es bleibt keine oder kaum Zeit, das notwendige Kapital auch nur annähernd anzusparen. Ohne Berufsunfähigkeitsversicherung hast du hier ganz schlechte Karten.

Fall 2: Die BU tritt nach 20 Berufsjahren ein

20 Berufsjahre entspricht in etwa der Hälfte des Berufslebens. Aus dem Zielkapital von 81.600 Euro werden inflationsbereinigt rund 147.400 Euro. Diese sollen in 20 Jahren durch regelmäßiges monatliches Sparen erreicht werden. Wie viel muss dann auf die Seite gelegt werden? Bei einer angenommenen jährlichen Rendite von 5 % nach Kosten und Steuern, was z.B. mit einem Fondssparplan möglich ist, sind dies rund 360 Euro im Monat.

Fall 3: Die BU tritt nach 35 Berufsjahren, in der letzten Phase des Berufslebens ein

Die Rechnung ist die gleiche wie oben, nur dass für den Sparprozess nun 35 Jahre Zeit ist. Das Zielkapital beträgt inflationsbereinigt rund 229.600 Euro. Das Ergebnis ist eine erfreulich niedrige notwendige Sparrate: Mit rund 200 Euro im Monat ist das zu schaffen.

Fazit

Wie bewertest du diese Rechenergebnisse? Vor allem der 3. Fall ist doch gut machbar, oder?

Doch Vorsicht: In der Realität gibt es viele Unwägbarkeiten. Die wichtigsten siehst du hier:

Der Zeitpunkt der Berufsunfähigkeit. Je früher sie eintritt, umso schlechter für dich. Wie der 1. Fall zeigt, bleibt dann keine oder zu wenig Zeit, um das Zielkapital auch nur annähernd zu erreichen.

Die Dauer der Berufsunfähigkeit. In den obigen Beispielen wurde mit einem zu überbrückenden Zeitraum von 4 Jahren gerechnet. Was ist, wenn der viel länger andauernd, vielleicht sogar für den Rest des Berufslebens? Das Zielkapital ist dann natürlich viel höher. Die notwendige Sparrate kann in diesem Fall ganz schnell die finanziellen Möglichkeiten übersteigen.

Die Zweckgebundenheit des Kapitals. Ein neues Auto ist fällig, und es soll schon ein besseres Modell sein? Am besten gleich ein Elektroauto, schließlich sollen Verbrenner verboten werden. Nach vielen Jahren Berufsleben wäre mal ein richtig toller und entsprechend teurer Urlaub schön? Am Eigenheim sind Sanierungsarbeiten fällig?
Die Verlockungen, das angesparte Geld für diese oder noch andere Zwecke als für einen möglichen BU-Fall zu verwenden, sind groß. Kannst du ihnen bis zum Rentenalter widerstehen?

Die Leistungen aus der gesetzlichen Rentenversicherung. In den Beispielrechnungen wurde davon ausgegangen, dass eine Erwerbsminderungsrente gezahlt wird. Das ist jedoch keineswegs sicher, siehe Punkt 1. Falls keine gezahlt wird, muss das Zielkapital entsprechend höher sein.

Die Höhe des monatlichen Bedarfs. Ich bin hier von 2.500 Euro (heutiger Geldwert) ausgegangen. Bei den meisten Menschen steigt dieser mit dem Einkommen. Der gewohnte Lebensstandard wird höher, und die meisten Menschen möchten ihn nicht mehr reduzieren. Vielleicht sind auch Raten für Kredite zu bedienen, z.B. eine Immobilienfinanzierung. Das wurde in den Beispielrechnungen nicht berücksichtigt.

Zusammenfassend ist festzustellen: Eine BU-Versicherung durch eigene Vorsorge zu ersetzen, ist nicht sinnvoll. Das gilt im Prinzip für alle Versicherungen. Diese sind dazu da, einen finanziellen Schaden auszugleichen, der durch nicht vorhersehbare Ereignisse eintritt. Dieser Schaden kann viel höher sein als die gezahlten Beiträge. Vor allem dann, wenn dich eine Berufsunfähigkeit früh im Berufsleben trifft.

Da niemand weiß, ob und wann ein solches Ereignis eintritt, ist es gut, existenziell wichtige Versicherungen im Allgemeinen und die Berufsunfähigkeitsversicherung im Speziellen so früh wie möglich abzuschließen. Das hat viele Vorteile. Nicht nur, dass der Beitrag zur Berufsunfähigkeitsversicherung umso niedriger ist, je früher sie gemacht wird. Vor allem ist es der umfassende Versicherungsschutz

Verbraucherschutz-Organisationen, Stiftung Warentest und alle Versicherungsexperten und -expertinnen empfehlen: Menschen, die auf ihre Arbeitskraft als Einkommensquelle angewiesen sind, sollten eine private Absicherung für den Fall haben, dass die Arbeitskraft ganz oder teilweise beeinträchtigt wird.

Wie finde ich jetzt eine für meine Situation sinnvolle Absicherung gegen Berufsunfähigkeit?

Auf unserem Blog rund um die Berufsunfähigkeit findest du viele interessante Beiträge zu diesem Thema — inklusive Analysen verschiedener Berufsunfähigkeitsversicherungen. Zusätzlich vereinbarst du am besten einen Beratungstermin bei uns. Denn die Artikel bieten einen guten Einstieg ins Thema. Wenn es aber "ans Eingemachte", also die individuellen Details geht, ist es am besten, sich mit einem Experten / einer Expertin zu unterhalten. Wir analysieren deine Situation und finden das für dich beste Angebot am Markt.

Buche also am besten gleich heute einen Termin bei einem unserer Berater oder einer unserer Beraterinnen.

Author Name

Geschrieben von:

Jürgen Puderbach

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Jürgen Puderbach, ein erfahrener BU-Experte und Versicherungsmakler mit über 25 Jahren Berufserfahrung, ist ein geschätztes Mitglied bei finanzteam26. Seine Spezialisierung umfasst Berufsunfähigkeits- und private Krankenversicherungen, besonders für Beamtinnen und Beamte. Als passionierter Bergsteiger und ausgebildeter Alpinklettertrainer verfügt Jürgen zudem über spezielle Expertise in der Versicherung von Bergsportlern, was ihn zu einem gefragten Berater in diesem Bereich macht.

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